Schicksale jüdischer Hofer

Lorenzstraße damals

Das Leben in Hof begann für Max Heymann mit dem Erwerb des Schuhgeschäfts „Ludwig Schloß“ in der Lorenzstraße 7 am 21. Oktober 1912. Dort fungierte er mehrere Jahre lang als erster Vorsitzender der „Vereinigung der Schuhwarenhändler in Hof und Umgebung“, in den 1920er Jahren war er Mitglied des Hofer Wohlfahrtsausschusses. Laut einer Aussage von Hans Högn, Hofer Oberbürgermeister von 1950 bis 1970, war Max Heymann ein sehr freundlicher und hilfsbereiter Mann, dessen Geschäft aber schon früh unter den Anfeindungen der Nationalsozialisten litt. Sie brachten Parolen vor dem Schaufenster an wie: „Kauft nicht beim Juden!“ oder „Juden sind unser Unglück“. An Samstagen standen sogar SA-Leute vor der Ladentür und pöbelten Kunden an, die den Laden betreten wollten. 1933 kam es zum wirtschaftlichen Niedergang und Max Heymann meldete Konkurs an. Im Dezember 1934 musste die Familie Heymann den Schumacherbetrieb, im Januar 1936 auch den Schuhwarenhandel endgültig schließen. Zu seinem Glück bekamen er und seine Familie „das Gnadenbrot eines Synagogendieners“ und so zogen sie also am 1. Dezember 1937 in die Dachgeschosswohnung des Synagogengebäudes in der Hallstraße 9. Im Jahr zuvor, am 23. Dezember 1936, war Max’ Sohn Siegfried Heymann mit nicht einmal 50$ nach New York ausgewandert. In der Reichspogromnacht wurde die Familie Heymann nach Demolierung ihrer Wohnungseinrichtung verhaftet. Später zogen sie nach Mannheim in ein sogenanntes „Judenhaus“. Die Schwester von Max’ Ehefrau Ella, Elisabeth Stern, ihr Ehemann Wilhelm Stern und deren gemeinsame Tochter Lore Stern wohnten ebenso in diesem Haus. Die vom 22. bis zum 23.10.1940 stattgefundene Wagner-Bürckel-Aktion war der Vorläufer der Massendeportationen in den Osten. Ziel der von Heinrich Himmler ausgeführten Aktion war es, Juden aus Südwestdeutschland nach Südfrankreich zu deportieren, wobei sehr kranke oder in Mischehe lebende Bürger ausgenommen waren. Jedoch war die dortige Regierung gegen die völkerrechtswidrigen Transporte, weshalb nach dem Protest keine weiteren Transporte in den Süden Frankreichs stattfanden. So wurden die rund 6.500 Juden in das Internierungslager Gurs transportiert, was auch Max, Ella und ihr Sohn Walter Heymann betraf. Die Situation dort war sehr schlecht, da es zu wenig Wasser gab und Hunger ein ständiger Begleiter war. Schließlich begünstigten diese Umstände die Ausbreitung von Krankheiten wie Typhus und Ruhr, was zum Tod von etwa 800 Gefangenen im Winter 1940/41 führte.  Es wurden weitere Lager errichtet, auf die die jüdischen Gefangenen verteilt wurden. Am 29. November 1942 starb Max Heymann mit zirka 60 Jahren im Internierungslager Nexon. Sein Sohn Walter wurde später in das Lager Les Milles transportiert, in welchem die Gefangenen bei schlechter Arbeit geschlagen und getreten wurden, was häufig zum Tod führte. Durch großen Druck der deutschen Regierung auf Frankreich wurde auch dort die Judenvernichtung ermöglicht. Das zentrale Sammel- und Internierungslager, dessen Organisation und Struktur der anderer Konzentrationslager entsprach, war Drancy. Am 22. Juni 1942 wurden 65.000 Juden nach Auschwitz oder Sobibor transportiert, weshalb auch Walter Heymann am 21. Dezember 1943 in Auschwitz starb. Seine Mutter Ella Heymann wurde mit anderen Juden im Lager Masseube von Alliierten befreit. Sie wanderte in die USA aus, um ihren Sohn Siegfried nach 10 Jahren wiederzusehen und bei ihm zu leben.

Quelle: Hübschmann 2019, S. 175