Schicksale jüdischer Hofer

Einmal Urlaub in Buenos Aires.
Wer wünscht sich das nicht?
Vermutlich hätte Max Franken gerne auf seine Reise nach Argentinien verzichtet.
Max Franken wurde am 25. März 1881 als jüngster Sohn seiner Eltern Joseph David Franken und Minna Franken geborene Strauß in Emmerich am Rhein geboren. Er hatte sechs Brüder und eine Schwester. Joseph David Franken war Kupferschmied und Klempnermeister. Er erzählte seinen Kindern zudem oft von den Kriegsgeschehnissen, welche er in den Kämpfen bei Sedan, Le Mans usw. selbst durchlebt hatte. Im Ersten Weltkrieg starben zwei Brüder Max Frankens. Einige seiner Brüder erlernten später ein Handwerk wie zum Beispiel Schneider oder Schuhmacher.

Max Franken wurde Kaufmann. Seine spätere Frau Therese Silberberg lernte er in Halle kennen. Dort war er seit kurzem Inhaber des Herren-Konfektionsgeschäftes „Eduard Cohn“. Therese Silberberg war das dritte von sechs Kindern ihrer Eltern Leopold Silberberg, welcher ebenfalls Kaufmann war, und Henriette Jütel Silberberg. Max Franken und Therese Silberberg heirateten am 8. Juni 1910, wohnten eine Zeitlang weiterhin in Halle, zogen dann später nach Plauen und von dort aus schließlich nach Hof. Dort bekamen die beiden insgesamt drei Töchter: Margarete, Lore und Käthe.

Lore und Margarete Franken

Max Franken betrieb ein Herrengarderobengeschäft in der Ludwigstraße 36 in Hof, welches er am 2. März 1914 anmeldete. 1919 eröffnete er außerdem das Gewerbe eines Textilwarengroßhandels an und 1921 eine Schneiderei mit Werkstätten in der Klosterstraße 10 und 27 sowie in der Ludwigstraße 36 und 39. Die Tochter Käthe berichtete, dass die Familie zu den angesehensten Geschäftsleuten im ganzen nördlichen Oberfranken zählte. Da die Beschäftigungszahl der Angestellten und der Umsatz sehr hoch waren, wurde das Unternehmen sogar als Fabrikbetrieb anerkannt.

Die Mutter Therese hätte eigentlich nicht arbeiten müssen. Die Familie hatte ein Kindermädchen und eine Wäscherin, trotzdem kochte Therese Franken selbst und half auch im Geschäft mit. Das Geschäft lief also gut, bis die Hetze gegen die Juden immer weiter zunahm. Der solide Geschäftsmann Max Franken, den man aufgrund seiner Wohltätigkeit und Hilfsbereitschaft den „Vater der Armen und Bedürftigen“ nannte, schrieb dahingehend bereits 1920 an den Stadtrat der Stadt Hof seine Anliegen zum Thema Judenhetze.

Für Max Franken war schon der „Deutsche Tag“ am 16. September 1923, an dem Hitler Hof besuchte, der „erste Nagel am Sarge“ seines Unternehmens. So berichtet Max Franken, dass der Besuch Hitlers wie ein „Gift“ gewirkt hat. Die Menschen fingen an das Geschäft zu meiden. Trotzdem gelang es ihm, in den folgenden Jahren seinen Betrieb zu vergrößern. Ab der Machtübernahme der Nationalsozialisten und dem April-Boykott 1933 musste er massive Verluste hinnehmen, 1936 kam sein Geschäft zum Erliegen.

1938 zog die Familie Franken nach Leipzig um – in die gespenstische Wohnung einer kurz zuvor deportierten Familie polnischer Juden. Die Kennzeichnung mit den gelben Judensternen ab 1941 war für die meisten eine große Demütigung. Für Max Franken war es wie ein Schlag ins Gesicht, von dem er sich nie wieder ganz erholte.

Im September 1941 war der Familie schon klar, dass der einzige Ausweg eine Ausreise war. In diesem Jahr wurde Max Franken zudem inhaftiert und misshandelt. Die Frankens erfuhren von einem Transport von Berlin nach Argentinien. Dies war aber mit vielen Hürden verbunden und eine neue Regel erlaubte es nur Juden über 60 Jahren auszureisen. Max Franken gelang schließlich die Ausreise nach Buenos Aires – mit über 60 Jahren. Diese Zeit war für ihn eine der traurigsten und einsamsten Zeiten seines Lebens, auch weil er immer mit der Ungewissheit lebte, wie es seinen Töchtern und seiner Frau erging.

Therese wurde deportiert und starb 1944 im KZ Stutthof. Auch seine Tochter Lore wurde deportiert und starb 1945 nach der Befreiung durch die Rote Armee an den gesundheitlichen Folgen der Strapazen des Lagers. Margarete und Käthe überlebten den Krieg, die Deportation ins Ghetto in Riga und das Konzentrationslager Stutthof.


„Noch einmal möchte ich die Meistersinger von Nürnberg auf dem Festspielhügel in Bayreuth sehen… noch einmal eine Fahrt auf einem Rheindampfer von Rüdesheim bis Bonn erleben“, schrieb der 76-jährige Max Franken an das Amt in Hildesheim. Dies blieb ihm nicht vergönnt. Er starb am 2. Mai 1957 in seiner Wohnung in Buenos Aires an einem Herzschlag.

Quelle: Hübschmann 2019, S. 125ff.